Aufhausen. Zucker: Ob in Kaffee, Tee, Kuchen, Plätzchen oder vielen anderen Lebensmitteln – überall ist er drin. Jeder isst ihn, jeder braucht ihn. Aber gerade diejenigen, die diesen lebenswichtigen Energielieferanten aus der Zuckerrübe herstellen, stecken in der Krise und fürchten um ihre Existenz. Der oberpfälzer Landtagsabgeordnete Tobias Gotthardt war als Vorsitzender des Ausschusses für Bundes- und Europaangelegenheiten in Aufhausen. Bei der Erzeugergemeinschaft Laaberrübe packte er auf dem Feld mit an – und hörte zu.
Sehen, wie die Ernte der Zuckerrübe funktioniert
Zuckerrüben-Anbau und -Ernte sind hochspezialisierte Verfahren, die ein hohes Maß an technischem Know-how und Maschinenaufwand benötigen. „Mein Besuch bei der Familie Röckl und der LMG Laaberrübe hatte das Ziel, bei den Machern zu sein – zu sehen, wie die Ernte der Zuckerrübe funktioniert und was die Probleme sind, mit denen die Zuckerrüben-Bauern in der Region zu kämpfen haben“, sagte MdL Tobias Gotthardt. Mit dabei: Deutschlands amtierende Zuckerrübenkönigin Magdalena Röckl, Jungbäuerin am Aufhausener Hof. „Die Zuckerrübe ist nicht nur für uns Landwirte wichtig – auch für die Verbraucher. Insbesondere hier in unserem Landkreis Regensburg.“
„Aktuell ist unser größtes Problem der Energiepreis“, sagt Landwirt Rainer Röckl. Er ist der Vorsitzende der LMG Laaberrübe GBR. Zusammen mit fast allen anderen Vorstandsmitgliedern der LMG stellte er sich den Fragen des FREIE WÄHLER-Abgeordneten aus dem Landkreis Regensburg. Die Rodegemeinschaft betreibt einen Vollernter mit dem sie pro Jahr ihre 500 bis 600 Hektar Ackerfläche bewirtschaften. In den Roder passen 1000 Liter Diesel und die braucht der in der Erntezeit auch nahezu täglich. Laut Statistik lag der durchschnittliche Dieselpreis 2020 bei knapp 1,12 Euro, 2021 waren es schon rund 1,40 Euro. „Und was der Diesel aktuell kostet, kann jeder an der Tankstelle sehen.“
Mehrkosten, auf denen die Produzenten sitzen bleiben. Hinzukommen die Inflation, die Ukraine-Krise, hohe Reparaturkosten, schlechte Lieferbarkeit von Ersatzteilen, und, und, und. „Die Anschaffungskosten im Bereich von so einem Vollernter kann so schnell auf knapp 100.000 Euro pro Jahr hingehen.“ 100.000 Euro, die erstmal von den Feldern geerntet sein wollen.
Von all dem spüren die Verbraucher wenig, sagte Röckl. „Das Minimum, das wir für die Rübe bekommen, ist so verschwindend klein – selbst wenn wir als Produzenten 30 Prozent mehr erhalten würden, würde das für die Endkunden bei einem durchschnittlichen Pro-Kopf-Verbrauch lediglich Mehrkosten von fünf oder zehn Euro im Jahr ausmachen.“
Preisdruck durch billiges Zuckerrohr
Aber noch eine Entwicklung macht Röckl und seinen Kollegen Sorge: Der steigende Preisdruck durch kostengünstigen Übersee-Zucker. „Billiger Rohrzucker – vor allem aus Brasilien – kommt günstig bei uns rein. Muss aber nicht nach den Auflagen erzeugt werden, die wir für unsere Rübe haben.“ Sowohl was unter anderem den Umweltschutz als auch was die Fairness gegenüber den Arbeitskräften angeht, sei das ein Wettbewerbsvorteil für die Konkurrenz. „Der Verbraucher will davon aber nichts wissen. Hauptsache, der Zucker ist billig. Aber wenn dann Menschen im Ausland unter diesen Arbeitsbedingungen leiden müssen, die Umwelt leidet und hiesige Strukturen kaputt gehen – das kann doch eigentlich niemand wollen.“
Viele Zuckerrüben-Produzenten aus dem Landkreis Regensburg stöhnen unter diesen Bedingungen. Zuckerrüben sind nach wie vor eine wichtige Feldfrucht. Bayernweit wurde sie 2019 laut Bayerischem Landesamt für Statistik auf 67.641 Hektar angebaut. Eine Ernte von 5,59 Millionen Tonnen konnte von den Feldern gefahren werden. Die Landwirte rund um Regensburg sind überdurchschnittlich stark von den aktuellen Härten betroffen. 2007 hatte die Zuckerfabrik Regensburg die Produktion eingestellt. Aber bis heute sind viele Landwirte in der Region „ihrer Rübe“ treu geblieben.
Geld aus der und für die Region
Tobias Gotthardt war nach dem Tag auf dem Feld tief beeindruckt. „Der Zucker und die Zuckerrübe ist ein Produkt, das hier in der Region Wertschätzung für Wertschöpfung garantiert – das das Geld in der Region lässt.“
Ziel der Politik müsse sein, insbesondere die Belange der regionalen Lebensmittelerzeuger im Blick zu haben. „Ich nehme viele Impulse, konkrete Verbesserungsvorschläge mit nach München – noch mehr aber nach Berlin und Brüssel. Da muss sich einiges ändern.“
Gotthardt: “Da muss sich einiges ändern”
„Zucker ist ein regionales Produkt, das man nur ersetzen kann, wenn man weggeht von der Regionalität hin zur Internationalität – wie beim Rohrzucker aus Brasilien.“ Sollte man sich dafür entscheiden, müsse man sich jenseits vom Biosiegel die Frage der Klimaneutralität und des Umweltschutzes stellen. „Da ist für mich auf alle Fälle die heimische Zuckerrübe der klare Gewinner. Deswegen nach diesem Tag auf dem Feld das klare Bekenntnis zur regionalen Zuckerrübe und zu den Zuckerrübenbauern aus der Region.“
November 2022