GOTTHARDT: RETTUNGSDIENST BRAUCHT LOKALES EHRENAMT STATT EUROPÄISCHEM WETTBEWERB
Landtagskandidat zum „kommunalen Kaffee“ in Nittendorf / Rettungswache und EU-Vergaberecht als zentrales Thema: „Es hakt bei der Staatsregierung“ / Zivilschutz: Rechtssicherheit für Kommunen garantieren
LANDKREIS/NITTENDORF. Es ist warm in der noch immer provisorischen Nittendorfer BRK-Rettungswache. Interessiert lauscht Tobias Gotthardt, Landtagskandidat der FREIEN WÄHLER, den Berichten der diensthabenden Sanitäter. Auf das Thema gebracht hatte ihn Bürgermeister Helmut Sammüller – den Kandidat Gotthardt auf einen seiner „kommunalen Kaffees“ besuchte. Dem Bürgermeister nämlich liegt die Zukunft der Wache am Herzen – und eine bestmögliche Notfallrettung im gesamten Gemeindegebiet. Bis dato garantiert durch die „bewährten, im Ehrenamt verwurzelten Kräfte des BRK“, wie Gotthardt sagt. Dass das durch eine verpflichtende EU-weite Ausschreibung zuletzt in Frage gestellt war, „liegt weniger am EU-Wettbewerbsrecht als am bayerisch-bürokratischen Übereifer: Alles Auslegungssache“, sagt Gotthardt. Er kennt das Thema hinlänglich durch seinen Beruf als Referent im Europaparlament – und stellt sich klar auf die Seite der gemeinnützigen Rettungsorganisationen wie Rotes Kreuz, Johanniter und Malteser: „Die EU-Vergaberichtlinie von 2014 gibt Raum für solche Bereichsausnahmen, auch im deutschen Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) ist es berücksichtigt, Länder wie NRW und Rheinland-Pfalz haben es längst übernommen. Nur Bayern hats verschlafen, klare Regeln zu schaffen – zu Lasten der Ehrenamtlichen im Rettungsdienst.“
Nittendorfs Rettungswache ist für Gotthardt deshalb auch „ein Musterbeispiel fehlerhafter Politik auf Landesebene mit krassen, schädlichen Auswirkungen vor Ort: Die neue Rettungswache könnte längst stehen, wenn es in Bayern klare Regelungen zur Bestandsausnahme gäbe“. Wird sie angewandt, entfällt im sensiblen Bereich „Zivilschutz und die Katastrophenhilfe“ die Pflicht zur öffentlichen, europaweiten Ausschreibung. „Sogar Direktvergaben an Hilfsorganisationen des Zivilschutzes wie BRK, Johanniter oder Malteser wären möglich.“ Konkret müsse das Innenministerium eine entsprechende Änderung in Artikel 13 des Bayerischen Rettungsdienstgesetzes vornehmen, sagt Gotthardt – „und nicht aus falscher Angst vorm Rüffel aus Brüssel den Kopf einziehen.“ Ähnlich, so Gotthardt, „ist es auch beim Schichtmodell der Polizei: In vorauseilendem Gehorsam blockieren unsere Bürokraten – obwohl andere EU-Länder beweisen, dass es problemlos geht.“
Im Fall des Rettungsdienstes kann sich Gotthardt nach eigenen Worten „richtig aufregen: Wie hier in Nittendorf sind wichtige Investitionen und ehrenamtlicher Einsatz blockiert.“ Dabei lege die EU-Richtlinie lediglich drei Kriterien beim europaweit definierten Zivilschutz an, die das BRK problemlos erfülle. So gelte das Wettbewerbsrecht nicht für öffentliche Dienstleistungsaufträge, die „Dienstleistungen des Katastrophenschutzes, des Zivilschutzes und der Gefahrenabwehr, die von gemeinnützigen Organisationen oder Vereinigungen erbracht werden“ und dabei unter bestimmte CPV-Codes (Common Procurement Vocabulary) zur Beschreibung des Auftragsgegenstandes fallen. Das sei im deutschen Recht Wort für Wort übernommen. Lediglich der bloße Einsatz von Krankenwagen zur Patientenbeförderung bleibt demnach ausgeschlossen: „Das muss man trennen, haarscharf definieren“, so Gotthardt. In Bayern fehle schlicht die Umsetzung in Landesrecht: „Eigentlich eine Schande“. Rechtliche Grauzonen seien die Folge.
Mit schweren Folgen, wie Bürgermeister Sammüller schildert: „Bei uns hängt das Ehrenamt mit dran. Wir brauchen eine Heimat für die Rotkreuzler in Undorf und Nittendorf-Deuerling. Beide Bereitschaften leisten wertvolle Jugendarbeit, geben Erste-Hilfe-Kurse, sind einfach da, wenn man sie braucht.“ Und Gotthardt ergänzt: „Rettungs-Konzerne aus dem Ausland sind die größte Konkurrenz.“ Am Liebsten, so sagt Sammüller, „würde ich noch heute den Startschuss für eine neue Rettungswache geben – alleine, um die medizinische Versorgung in Nittendorf und Umgebung weiter zu sichern.“ Letzteres, da stimmt Gotthardt zu, müsse oberstes Ziel sein – und nicht, einen Pseudo-Wettbewerb auf dem Rücken unserer Ehrenamtlichen auszutragen: Wir können nicht den Rettungsdienst in private, gewinnorientierte Hände geben, bei Großschadens- und Katastrophenlagen aber wieder auf das komplexe, ehrenamtliche Hilfeleistungssystem des BRK und anderer hoffen“. Bislang werden alle drei Rettungswachen im Landkreis und der Nittendorfer Stellplatz vom Roten Kreuz versorgt.
Der Landtagskandidat ist sich sicher: „Die Aufgaben des Rettungsdienstes werden – gerade entlang der A3 -immer komplexer, sicherheitstechnische Großlagen insgesamt wahrscheinlicher. Da braucht es Leute mit Katastrophenschutzerfahrung. Hilfsorganisationen können all das bieten.“ Innenminister Hermann sei demnach „gut beraten, auf seine Parteikollegen, DRK-Chefin Gerda Hasselfeldt und BRK-Chef Theo Zellner zu hören, statt blinder Regulierungswut zu huldigen: Bayern braucht eine klare Definition und Bereichsausnahme für den Rettungsdienst. Lieber heute als morgen.“
Dann, da sind sich Sammüller und Gotthardt einig, „steht, arbeitet und wirkt auch in Nittendorf schon bald eine neue Rettungswache. Zum Wohl der Menschen.“