BURGLENGENFELD. Mindestens einen „standorttreuen“ Wolf verzeichnet das Landesamt für Umwelt für den Truppenübungsplatz Hohenfels. Vor zwei Jahren etwa hat er eine Schafsherde bei Hohenfels gerissen. Grund genug dafür, auch das Stadtgebiet Burglengenfeld zum „Wolferwartungsland“ zu erklären.
Weidetier-Halter bekommen damit die Möglichkeit eines vom Freistaat geförderten Wolfschutzzaunes – und auf dem Lebenshof M.u.ti.g von Birgit Schreiner ist man aktuell dabei, einen solchen mit 1200 Metern Länge und 140 Zentimetern Höhe zu errichten. Grund genug für den Landtagsabgeordneten Tobias Gotthardt (Freie Wähler), sich das Projekt vor Ort anzusehen. In der politischen Debatte plädiert er dafür, „dem Wolf gefasst mit Zaun und Verstand zu begegnen“. Das beinhalte neben der Prävention ausdrücklich auch den Abschuss bei Herdenriss.
Förderrichtlinie “Investition Herdenschutz Wolf”
Bereits 2020, so Gotthardt, habe der Freistaat auf die zunehmende Zahl wilder Wölfe reagiert und mit der Förderrichtlinie “Investition Herdenschutz Wolf” im Mai 2020 die Grundlage zur Förderung entsprechender Maßnahmen geschaffen. Seitdem hätten Schreiner sowie unzählige andere Landwirte, Züchter und Schäfer von Tirschenreuth bis Oberammergau diese Möglichkeit genutzt und „mit großem persönlichen Aufwand den präventiven Schutz errichtet“.
Gotthardt warnt jedoch davor, das „als locker-leichte Maßnahme“ abzutun: „Kilometerlange Schutzzäune zu errichten und zu unterhalten, ist ein Mammutprojekt“, so der Landtagsabgeordnete. Wenig Verständnis hat er deshalb auch für die Kritik des BUND an der bayerischen Wolfspolitik – „ein Weg, den wir in enger Absprache mit unseren österreichischen Freunden gehen“, sagt der Europapolitiker.
„Wer meint, das alles sei ein Kinkerlitzchen, ist gerne eingeladen, bei der Errichtung der Wolfschutzzäune mit anzupacken – bevorzugt auf den unwegigen Almen der Alpenwelt.“
Tobias Gotthardt, MdL
„Wer meint, das alles sei ein Kinkerlitzchen, ist gerne eingeladen, bei der Errichtung der Wolfschutzzäune mit anzupacken – bevorzugt auf den unwegigen Almen der Alpenwelt.“ Insgesamt, so berichtet Gotthardt, gebe es bayerweit rund 360.000 Hektar Weidefläche mit einem Umfang von 122.000 Kilometern. „Zum Vergleich: Bayerns gesamter Umfang sind lediglich 2700 Kilometer.“ Wolle man Herden vor dem Wolf schützen, brauche es heute landesweit rund 60.000 Kilometer stabilsten Elektrozaun – „Kostenpunkt: rund 450 Millionen Euro“.
Gemeinsam mit Birgit Schreiner ist Gotthardt sich deshalb sicher: „Wir dürfen Prädatoren wie Wolf, Bär oder Fischotter nicht bedingungslos über die Anliegen der Landwirtschaft und der Weidetierhaltung stellen.“ Dabei, so Schreiner, wisse sie um ihre Verantwortung: “Ich will natürlich auch meinen Tieren ein artgerechtes Leben draußen ermöglichen, deshalb werde ich alle möglichen Maßnahmen ergreifen.
Ob allein ein Schutzzaun reicht, sehen wir in Zukunft. Eventuell muss man dann noch über Herdenschutzhunde nachdenken, bei denen allerdings die Haltung eine große Verantwortung mit sich bringt. Wer sich aber einsetzt, Nutztiere artgerecht zu halten, muss über eine sichere Haltung nachdenken.”
Wolfsverordnung lehnt sich an Vorbild aus Österreich an
Wo möglich, so Gotthardt, greife man zu Methoden der Prävention – „aber realistischer Weise müssen wir bei Riss-Vorfällen auch über die letale Entnahme, sprich den Abschuss des Wolfes reden dürfen“. Genau das habe Bayern auch mit seiner – dem Salzburger und Tiroler Weg angelehnten – Wolfsverordnung gemacht. „Unser Prinzip lautet: Ein Riss reicht.“
Danach beginne ein vereinfachtes Verfahren zur letalen Entnahme mit ausgebildeten Jägern. Dass der BUND nun dagegen klage, ist in Gotthardts Augen „verdächtig tierfeindlich: Wer einmal Bilder einer verwundeten Herde nach Blutrausch eines Wolfes gesehen hat, wird Isegrim nicht mehr als Kuscheltier verkaufen. Hier steht für mich der Schutz der Herde überm Wolf.“
Dennoch zeige das Beispiel am Reichertberg, dass die präventiven Maßnahmen des Freistaates griffen: „Im Schulterschluss mit den Landwirten tun wir alles, um eine Koexistenz zu ermöglichen – und so lange der Hohenfelser Wolf standorttreu im Truppenübungsplatz bleibt, will ihm auch keiner ans Fell.“
Im Umgang mit der Gefahr gelte deshalb weiterhin „Zaun und Verstand“ im mehrgleisigen Verfahren: Die Förderung der Wolfschutzzäune werde fortgeführt, die Wolfsverordnung auf Landesebene werde man gerichtlich verteidigen und in Brüssel werbe man gemeinsam mit den Österreichern für eine Absenkung des Schutzstatus von Wolf und Fischotter – bei gleichzeitig großflächigerer Populationserfassung. Europa, so Gotthardts Eindruck, „ist hier langsam aber sicher zu Kompromissen bereit“. Sie zu erreichen, sei ein Ansporn seiner Arbeit.
Mai 2023