MÜNCHEN/BUDAPEST. Studierende, Kunstschaffende, Wirtschaftsvertreter, Grenzbeamte, Parlamentarier – es war ein Mammutprogramm, das Tobias Gotthardt, Vorsitzender des Europaausschusses, anlässlich einer offiziellen Reise nach Ungarn absolvierte. Bayern, so der Ausschussvorsitzende, habe eine „echte Brückenfunktion zwischen Ost und West“. Dies gelte auch für Ungarn und andere Donau-Anrainer. Gotthardt plädiert vor diesem Hintergrund für „eine lebendige, parteiübergreifende Donau-Allianz in europäischen Fragen“.
Den Auftakt der Reise bildete ein Besuch bei der Deutsch-Ungarischen Industrie- und Handelskammer sowie der Bayerischen Vertretung in Budapest. „Die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Ungarn und Bayern könnten kaum enger sein – sie sind ein Grundpfeiler unseres Dialogs“, unterstrich dort Gabriel A. Brennauer, der in Personalunion beide Einrichtungen leitet.
Ebenfalls eng sind die Kooperationen im Bereich Wissenschaft und Bildung. Mit der Andrassy-Universität finanziert Bayern samt Partnern die einzige deutschsprachige Universität im europäischen Ausland. „Das ist ein einzigartiges Engagement, auf das wir stolz sein können und das wir fortführen müssen“, so Gotthardt. Im Dialog mit ungarischen und deutschen Studierenden der Hochschule diskutierte er über die politische Situation in Ungarn. „Ich habe einen kritischen, informierten Kreis junger Leute erlebt. Junge Ungarn, die sich ihrer Verantwortung im Land und in Europa sehr bewusst sind. Eine junge Generation, die Meinungsfreiheit und Demokratie lebt“, resümierte Gotthardt.
Ähnlich war Gotthardts Eindruck im Gespräch mit jungen Kunstschaffenden der Budapester Kulturszene – unter ihnen Martin Bella, Regisseur und Chef der Picturepool Studios in Budapest. Erst vor einem Jahr war der Künstler nach Jahren in London nach Budapest zurückgekehrt: „Ich bin ein klassischer Brexit-Flüchtling. Mir war es wichtig, im europäischen Kunstmarkt zu bleiben. Budapest bietet dafür beste Voraussetzungen. Die Kulturszene hier ist unglaublich dynamisch, im Wandel. Das inspiriert“, erklärte Bella.
Bei einem Besuch an der ungarisch-serbischen Grenze informierte sich der Ausschussvorsitzende über die von Ungarn getroffenen Maßnahmen zur Sicherung und vollständigen Kontrolle der dortigen EU-Außengrenze. Gotthardts Eindruck: „Was man da zu sehen bekommt, ist ein zweckmäßiges Muss, das im Ende die offenen Grenzen im Schengen-Raum garantiert.“
Ein Gesprächspartner Gotthardts im ungarischen Parlament war Imre Ritter, deutschsprachiger Abgeordneter und gewählter Vertreter der deutschen Minderheit. Mit ihm tauschte er sich über die ausgebauten Rechte der Minderheiten in Ungarn und die Erinnerungskultur hinsichtlich der Vertreibung von Deutschen aus. Ritter, so Gotthardt, werde im kommenden Jahr dem Europaausschuss des Bayerischen Landtags einen Besuch abstatten.
Zuletzt hatte sich Gotthardt „wie ein Mäuschen“ unter eine Gruppe oberpfälzer Bürger aus Wörth an der Donau gemischt, die ihre ungarische Partnerstadt Örkény besuchten. „Es ist schön zu sehen, wie Europa in solchem Miteinander lebt: Wo Menschen sich begegnen, haben Vorurteile keine Chance“, so das Fazit Gotthardts.